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Bestimmen von Kabellängen zwischen Filter-Kavitäten

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Am Freitag, 4. August 2023 habe ich am Stamm von HB9AG einen Vortrag über die Bestimmungen von Kabellängen zwischen Filter-Kavitäten gehalten. In diesem Vortrag habe ich aufgezeigt, wie das Problem mit Messen und Simulieren gelöst werden kann. Dieser Artikel ist die Zusammenfassung von diesem Vortrag.

Ausgangslage

Im Materialbestand von HB9AG befindet sich Material um ein transportables Relais zu Bauen. Michael HB9GIX und ich haben es auf uns genommen, dieses betriebsbereit zu machen.

Unter dem Material befand sich ein Duplexer der Firma Airtech Ltd. Da wir mit der Materie so gar nicht vertraut waren, galt es erst mal ein paar Fragen zu beantworten: Was ist überhaupt ein Duplexer, wie funktioniert er und wie muss er für unsere Anwendung angepasst und abgestimmt werden? Fündig wurden wir im Cavity Duplexer Book von W6NBC.

Theorie

Der Duplexer ermöglicht den Betrieb von einem Sender und Empfänger an der gleichen Antenne. Er tut dies, in dem er verhindert, dass die vergleichsweise hohe Sendeleistung des Senders, den sensiblen Empfänger zerstört. Der Duplexer besteht aus mehreren in Serie geschalteten Filter-Kavitäten mit einem Abgriff für die Antenne in der Mitte und Anschlüssen für Sender und Empfänger an den jeweiligen Enden.

TX
TX
RX
RX
Ant
Ant
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So eine Filter-Kavität ist im Grundprinzip ein LC-Schwingkreis und arbeitet als Kerbfilter, auch Sperrfilter oder Notchfilter. Er entwickelt seine Filterwirkung, in dem er auf seiner Resonanzfrequenz die Energie reflektiert. Die Resonanzfrequenz einer Filter-Kavität kann über einen Stift eingestellt werden, in dem dieser Stift in die Kavität hineingeschoben oder herausgezogen wird. Dabei sind die Kavitäten senderseitig von der Antenne auf die Frequenz des Empfängers einzustellen und die empfängerseitigen auf die Frequenz des Senders.

Mit diesem Wissen können wir nun alle Kavitäten entsprechend einstellen. Wollen wir mehrere Kavitäten zu einem einzigen Filter zusammen schliessen, müssen wir ein wichtiges Detail beachten: Wir müssen sicherstellen, dass die elektrische Verbindung zwischen den Kavitäten verschwindet. Anders ausgedrückt: Die Kavität muss glauben, dass da gar keine Leitung ist. Gemäss W6NBC, erreichen wir dies, wenn die Leitung elektrisch eine Länge von λ/2 hat. Dies ist darin begründet, dass eine Übertagungsleitung mit einer elektrischen Länge von λ/2 die Impedanz nicht beeinflusst. In der Praxis gibt es viele verschiedene Einflüsse die diese Länge beeinflussen. So z. B., das der Abgriff (Koppelschleife) an der Kavität zur Länge hinzuzählt, wir dessen Länge nur schwer bestimmen können und wir deren Verkürzungsfaktor nicht kennen. Eine rechnerische Bestimmung der Kabellänge ist somit nur näherungsweise möglich.

Im Internet findet sich der Vorschlag, Kabel verschiedener Längen zu konfektionieren, diese der Reihe nach ins System einzubauen und das Resultat zu messen. Am Schluss wird dann das Kabel mit dem besten Messergebnis verwendet, die Anderen kommen in die Bastelkiste. Unserer Meinung nach ist das eine ziemliche Materialverschwendung.

Im Folgenden wird aufgezeigt, wie die Kabellänge mit entsprechen Messgeräten und Software ohne Materialverschwendung bestimmt werden kann. Dazu benötigen wir einen vektorieller Netzwerkanalysator (VNA) mit der Option Messwerte als Touchstone-Datei abspeichern zu können (z. B. ein NanoVNA mit der Software NanoVNASaver). Weiter benötigen wir eine Software zur Simulation von RF-Netzwerken, die Teile eines Netzwerks mit Touchstone-Daten simulieren kann (z. B. SimSmith).

Messen

Als Erstes erstellen wir einen digitalen Zwilling unserer Filter-Kavität. Dieser ist ein digitales Modell unseres real existierenden Filters zu Erstellen und erlaubt es uns, mit diesem in einer Simulationssoftware zu Arbeiten. Dazu müssen wir mit einem VNA unseren Filter ausmessen. Wie bei VNA üblich, beginnen wir mit der Auswahl der passenden Arbeitsfrequenz und dem Kalibrieren. Für diesen Fall müssen wir sowohl für Reflexion, als auch für Durchgang (SOLT) kalibrieren. Mit der Kalibrierung können wir nun unseren Filter ausmessen. Diese Messung muss jetzt als Touchstone-Datei exportiert werden (auch zu finden unter den Begriffen 2-Port, s2p, S-Parameter). Das folgende Bild zeigt die Schritte, um dies im NanoVNA zu machen.

Bildschirmfoto von NanoVNASaver. Die Schritte um Touchstone Daten abzuspeichern sind hervorgehoben.

Simulieren

Mit unserem digitalen Zwilling (den S-Parametern als Touchstone-Datei) können wir nun zur Simulation übergehen. Hierzu, verwenden wir SimSmith.

Ein Bildschirmfoto von SimSmith mit Markierungen die im folgenden Text referenziert werden.

Wir beginnen damit, dass wir unser Netzwerk, bestehend aus zwei S-Blöcken, welchen mit einer Koaxialleitung verbunden sind, definieren (1). Danach setzen wir unsere Resonanzfrequenz (2) und den Frequenzbereich (3). Beim Frequenzbereich ist wichtig, die Option sweep zu aktivieren. Jetzt laden wir die S-Parameter in unsere S-Blöcke. Der Dialog zum Auswählen unserer Touchstone-Datei, öffnet sich, wenn wir auf das Feld file beim jeweiligen S-Block klicken. Und wir wechseln den Graphen durch einen Klick auf das kleine Log-Mag-Diagramm und deaktivieren die Linie für den Generator (5).

Bei den Einstellungen für unser Koaxialkabel, beginnen wir bei unserer Resonanzfrequenz und 180° (grün markiert). Jetzt spielen wir mit der Länge, bis wir im Log-Mag-Diagramm ein Minimum erreicht haben. Hierbei hilft es, wenn wir Zoom (Mausrad) und Bereichsverschiebung (schieben bei gedrückter Maustaste) die Skala des Graphen verschieben (blau markierter Bereich).

Wenn wir ein Minimum gefunden haben, prüfen wir den Phasenwinkel. Ist dieser grösser als 180°, so können wir den Wert um 180° verringern. Die Filterdämpfung wird die Gleiche sein, jedoch ist die Kabellänge wesentlich kürzer. Bei beengten Montageverhältnissen, kann dies von entscheidendem Vorteil sein.

Überprüfen in der Praxis

Die so gefundene Kabellänge, können wir nun konfektionieren, damit unsere Filter-Kavitäten verbinden und das Resultat überprüfen.

Achtung, bei grossen Dämpfungen kann es passieren, dass die Messwerte im Grundrauschen des Messgeräts verschwindet. In diesem Fall hilft nur ein anderes Messgerät mit einem grösseren Rauschabstand zu verwenden.

Zusammenfassung

Wir haben begonnen mit der Aufgabe, die korrekte Kabellänge zum Verbinden zweier Filter-Kavitäten zu bestimmen. Eine Aufgabe welche mit einfachen Formeln nicht gerechnet werden kann. Eine Lösung über Versuch und Irrtum geht mit einem potenziell hohen Materialverbrauch einher.

Wir haben gesehen, wie wir mit einem Messgerät, einen digitalen Zwilling der Filter-Kavität erstellen können. Dieser hat es uns dann ermöglicht, mit unserem real existierenden Filter, in einer Simulationssoftware zu arbeiten.

Durch Simulation, konnten wir dann die passende Kabellänge bestimmen und die Korrektheit dieser Simulation in der Praxis überprüfen.

Diese Herangehensweise ist natürlich nicht nur auf Duplexer beschränkt. Mit den hier genannten Messgeräten und Software können wir jedes Netzwerk mit einem Port oder zwei Ports Messen und Simulieren. Mehr als zwei Ports sind ebenfalls möglich, bringen jedoch zusätzliche Herausforderungen bei der Messung (unser VNA hat nur zwei Ports) und andere Software mit sich.